Sonntag, 27. September 2015

Wie Herr Crohn mich fand.

Ich kannte Herrn Crohn vom Hörensagen. Vor 7 Jahren, in meinem ersten richtig schlimmen Schub, als mein Hausarzt nix fand, was mich krank macht, ich mit Fieber und Schmerzen tagelang auf dem Sofa lag, die Kilos Tag für Tag schwanden, ich mich nur noch von ein paar Löffeln grünem Wackelpudding am Tag ernährte und ich merkte, da stimmt was nicht mit mir, da las ich von Herrn Crohn im Internet. Weil mans ja doch macht, seine Symptome googeln. Was man nicht soll. Weil man immer nur das schlimmste findet.

2 Wochen später schummelte er sich dann als mein Begleiter an meine Seite. Eine Ärztin stellte uns vor, die Ergebnisse seien leider nicht gut, die Darmspiegelungen, die Blutwerte, die anderen Symptome wie Augenentzündung und Beulen an den Beinen... Am letzten Tag im Krankenhaus, ich lag noch benebelt vom Propofol unter einem Monitor, der Bilder meiner bunt entzündeten Innereien zeigte, tätschelte die Oberärztin meine Schulter und sagte, tja, was machen wir denn jetzt? Und ich hatte keine Antwort.

Mit Kortison und Antibiotika vollgepumpt, ein Paar Broschüren zum Thema und mit 12 Kilo weniger kam ich nach Hause. Herr Crohn schlug in den folgenden Jahren noch heftiger zu, die Chirurgen, die Pharmaindustrie und ich schlugen heftiger zurück. Medikamente im Gegenwert eines Mittelklassewagens strömten in meine Venen, in meinen Bauchspeck, halfen kurz, mussten aufgegeben werden. Irgendwann kamen OPs 1 bis x. Die Schmerzen gingen, hinterließen Narben, Erinnerungen, eine Schwerbehinderung, aber sie waren weg.  Irgendwann kamen Winter ohne geschwollene, entzündete Gelenke. Und irgendwann war Herr Crohn zwar noch da, auf der Schulter, lugte mal mehr, mal weniger hinter ein ein paar Wehwehchen hervor. Drohte böse, als ich in der 35. Woche schwanger war, machte viel Lärm, um dann einfach wieder zu verschwinden. 

Seit ein paar Wochen ist er zurück. Er brachte die Pumpe mit, die mir tagelang all meine Energie absaugt. Und meine Kortison-Hamsterbacken.

Ich habe lange überlegt, ob ich darüber schreiben soll, eigentlich seit Beginn der Krankheit. Ich bin mir immer noch nicht wirklich klar, wie weit ich hier in Details gehen kann, möchte, werde. Wenn ich beruflich schreibe, dann mache ich mir vorher klar, wer es lesen wird, was er erwartet, was ich den geneigten LeserInnen mitgeben möchte. All das ist hier noch offen. Ich weiß nicht, wer es lesen wird: Erkrankte? Interessierte? Menschen, die ich kenne, oder diejenigen, die mir auf Twitter folgen (*wink*) und mich ermutigt haben, das ganze hier überhaupt zu tun?

Es hängt wohl alles auch von Eurem Feedback ab. Ich bin gespannt. Denn, seien wir ehrlich, es ist im Wortsinne ein Kack-Thema.

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